Den zweiten Ort dieser Liste stellt die schon erwähnte Schade Brauerei im Zentrum der Stadt dar.

Im Zentrum von Dessau, als Block zwischen Marktplatz, Ratsgasse und Hauptpost, erhebt sich der eindrucksvolle Bau der ehemaligen Schade Brauerei. Im Gegensatz zur teilweise wiederbelebten Schultheiss Brauerei steht sie seit Jahren trotz unterschiedlicher Investoren unverändert im Herzen der Stadt.

Der einfachste Weg in die Ruine zu gelangen, ist der über die Mauer an der bereits abgerissenen Seite, in der sich ein Türloch befindet. Das mehr-etagige Gebäude überrascht durch seine Weitläufigkeit. Vom begehbaren Dach, welches mit losen Backsteinen überfüllt ist, lässt sich die Innenstadt in Richtung Bahnhof von oben betrachten, während die riesigen Kellerräume mit ihren hohen Decken ein idealer Ort für Musikveranstaltungen wären.

In manchen Ecken stößt man auf riesige bauchige Glasflaschen, in anderen stehen unvermittelt beschriftete Tafeln aus DDR Zeiten, auf denen Werktätige für ihre besonderen Verdienste im Betrieb ausgezeichnet werden. Ein verlassener Lastenaufzug, der überdimensionierte Wassertank unter dem Dach und ein noch größerer Raum mit vergilbter Glasfassade. Überall auf dem Gelände lassen sich zudem backsteingroße Blöcke aus Glas finden, die auf die massiven Fensterfronten hindeuten, die teilweise noch bestehen.

Alles an einem Ort, alles fußläufig vom Marktplatz. Schon etwas surreal, so direkt neben einem Wohnblock im Schutt der Vergangenheit zu stehen und hinüberzugucken, wie als sähe man das Ufer eines fremden Kontinents, dabei ist dieser das Vertraute und man selbst steht im Wunderland des Unentdeckten, bzw. Verlorengegangenen. Dass dieser Ort seit so langer Zeit keine Zukunft findet, ist wirklich tragisch. Das anschließende Restaurant Brauhaus ist noch der einzig urbane Grund diesen Anfangs beschriebenen Block zu betreten. Ein Ort mit solch einer stolzen Geschichte, lebendig begraben in unserer Gegenwart.

Es sei an dieser Stelle zudem erwähnt, dass beim Begehen der Gebäude die eigene Sicherheit im Vordergrund stehen sollte, da es sich um teils marode und dementsprechend einsturzgefährdete Bausubstanz handelt. Außerdem bewegt man sich auf eigene Gefahr und an den Grenzen zur Illegalität. Doch genau diesen Nervenkitzel und die Begegnung mit dem Vergangenen – dies macht das junge Hobby des „Lost-Placing“ aus, das sich gerade bei der heute oft von Perspektivlosigkeit geprägten Jugend, aber auch bei manch älterem Semester immer höherer Beliebtheit erfreut.

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